wandertalk
Die wandertalks sind eine Veranstaltungsreihe, die regionale und überregionale Gesprächspartner:innen zum Dialog in den wanderspace oder an die vielfältigen Kulturorte in Südwestfalen einlädt. Ziel ist es dabei immer in Bewegung zu bleiben, um vielfältige Perspektiven und Erfahrungen zu ermöglichen.
wandertalk #8 Zu Gast beim Eichenhof - 22. Juni 2024
Der Eichenhof ist ein Ort, der den Umgang mit Natur, Konsum und Ressourcen thematisiert, Alternativen aufzeigt und sich zugleich als ein Begegnungsort versteht. Samuel Treindl und Alexandra-Joy Jaeckel werden mit Studierenden des Fachs Kunst und der Sozialen Arbeit vor Ort sein und künstlerisch-forschende Aktivitäten initiieren. Besuchende sind herzlich dazu eingeladen, gemeinsam Brotskulpturen zu backen oder in der Druckwerkstatt zu arbeiten, mit der Naturpädagogin Gabriele Burg-Berghäuser auf einer Kräuterwanderung die Umgebung zu erkunden oder an der Brotbar bei Tee und Kräuteraufstrich ins Gespräch zu kommen.
Beim Backen, wie auch bei einer Keramik oder einer Plastik, alles fängt mit dem Material an: Wasser, Mehl und Hefe oder Tonerde und Wasser. Der Rest ist Handarbeit. Wenn Andrea Zimmermann morgens in Ihre Backstube auf dem Eichenhof in Kreuztal-Eichen geht, formt sie die schönsten Brote. In ihrer reduzierten, seriellen Form ist dennoch jedes für sich ein Unikat. Wenn Samuel Treindl morgens in sein Atelier geht, beschäftigt er sich mit der Frage, was künstlerische Plastik ist oder sein kann. Auch Brotteig ist dabei ein Material, das zur Gestaltung einlädt. Was dabei Kunst ist oder gut schmeckt, lässt sich durch eigene Wahrnehmungen erfahren.
wandertalk #7 mit Alma-Elisa Kittner - Anstößige Steine - 15. Mai 2024
Der Gießener Kunstweg zwischen Kompromiss und Kontroverse
Der Gießener Kunstweg der Justus-Liebig-Universität Gießen stößt an. Wie ein Leitmotiv zieht sich dies durch die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Skulpturenweges, der Anfang der 1980er Jahre von dem Kunsthistoriker Gottfried Boehm initiiert wurde und bis heute existiert: Mal wurde die zu große Autonomie der Skulpturen und damit der fehlende Ortsbezug kritisiert; mal beklagten sich Universitätsangehörige, bei der Auswahl der Kunstwerke nicht beteiligt worden zu sein. Schließlich erscheint der Kunstweg aus heutiger Perspektive nicht divers genug – alle 15 Positionen stammen von männlichen Künstlern.
Der Vortrag zeichnete die Entwicklung des Gießener Kunstwegs nach und verdeutlichte, wie an ihm exemplarisch die Problematik von Kunst im öffentlichen Raum sichtbar wird. Zugleich zeigte er, welche Bedeutung die Kunst als Erfahrungs- und Lernraum für die universitäre Lehre hat und wie sie nach wie vor der Schärfung ästhetischer Wahrnehmung dient. Schließlich diskutierte der Vortrag, wie der Gießener Kunstweg mit seinen überwiegend historischen Positionen in der Gegenwart dazu herausfordert, seine Geschichte zu bewahren und ihn zugleich weiterzuentwickeln.
Alma-Elisa Kittner
Mehr zu Alma-Elisa Kittner: https://www.uni-giessen.de/de/fbz/fb03/institutefb03/ifk/personen/wm/kittner
wandertalk #6 mit katze und krieg - 15. Mai 2024
katze und krieg sind ein Künstlerinnenduo, bestehen aus Katharina Jej und Julia Dick.
Sie leben und arbeiten in Köln. Kennengelernt haben sie sich 2007 während ihres Studiums an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. katze und krieg arbeiten an performativen Interventionen in Alltagswelten des öffentlichen Raumes, z.B. Supermärkte, Bürogebäude, Wohnviertel und Fußgängerzonen, stets begleitet von einem eingeladenen Publikum. In ihren Performances beleuchten und irritieren sie existierende Konventionen des urbanen Lebens, indem sie spielerisch jenseits der vorherrschenden Strukturen und Routinen agieren. Auf diese Weise untersuchen katze und krieg konsequent und mutig das Potenzial von Verhaltensweisen im öffentlichen Raum und fordern Passanten und Zuschauer:innen auf, ihre bisherigen Vorstellungen in Frage zu stellen.
katze und krieg performen im deutschsprachigen und internationalen Raum im Rahmen von diversen Ausstellungen und Festivals. Im Sommersemester 2021 waren sie zur Gastprofessur von Performance Studies an die Justus-Liebig-Universität Gießen eingeladen.
Mehr zu katze und krieg: https://katzeundkrieg.de/
wandertalk #5 mit Neue Auftraggeber Kathrin Jentjens und Lea Schleiffenbaum (Mediatorinnen) - 13. Dezember 2023
Neue Auftraggeber – Kunst im Bürgerauftrag
Lange konnten nur wenige Privilegierte ein Kunstwerk in Auftrag geben. Kunst im Bürgerauftrag ist ein innovatives Modell für Kultur und Gesellschaft, mit dem jeder das kann. Bürgerschaftliche Gruppen ergreifen als Neue Auftraggeber die Initiative und stoßen gemeinnützige, öffentliche Kunstprojekte an. Sie beauftragen internationale Künstler:innen aller Disziplinen wie Sasha Waltz, Kerstin Brätsch, Ruth Buchanan oder Simon Denny, ihren drängenden Anliegen mit künstlerischen Werken Sichtbarkeit zu verleihen. So entstehen neue Perspektiven und Dynamiken dort, wo sich etwas bewegen soll, wo Ungesagtes nach Ausdruck verlangt, wo Wünsche nach einer Form suchen.
Begleitet werden die Auftraggebergruppen von Mediator:innen mit Erfahrung und praktischem Know-How im Umgang mit den zeitgenössischen Künsten. Sie setzen das Modell deutschlandweit mit Trägern aus Kultur und Politik sowie öffentlichen und privaten Förderern um und passen es den lokalen Bedürfnissen an. Dabei stehen sie im Austausch mit Partnern in Europa, die insgesamt bereits über 500 bürgerschaftliche Aufträge begleitet haben.
Kathrin Jentjens und Lea Schleiffenbaum sind beide als Mediator:innen im Modell Neue Auftraggeber tätig und stellten Projekte aus NRW und Brandenburg vor.
Wir haben uns sehr gefreut, die beiden begrüßen zu dürfen.
Moderation: Cynthia Krell (Projektmanagerin der Regionale2025)
Podium: Dr.in Susanne Henning (Bereich Kunstpädagogik u. Kunstvermittlung Uni Bielefeld)
Mehr zu den Neuen Auftraggebern unter: https://www.neueauftraggeber.de/
Ruth Buchanan, Ein Garten MIT BRÜCKEN (Wirbelsäule, Magen, Kehle, Ohr). Ein Projekt für die Neuen Auftraggeber von Mönchengladbach, Foto: Florian Wagner
Sasha Waltz, In C - Marler Partitur, Ein Projekt für die Neuen Auftraggeber von Marl, Aufführung September 2022, Foto: Florian Wagner
wandertalk #4 mit Dieter Pfau (Historiker) - 31. Januar 2024
Provinz im Aufbruch. Siegens vergessene Kulturgeschichte
Bis vor wenigen Jahren haftete an der Stadt Siegen das Ettikett der kulturellen Provinz – trotz der Eröffnung des Museum für Gegenwartskunst (2001) und des Apollo-Theater (2007). Der 1996 im Magazin der Süddeutschen Zeitung erschienene Beitrag „Was ist schlimmer als verlieren? Siegen“ hallte in der bundesdeutschen Öffentlichkeit immer noch nach. Das zum Stereotyp geronnene Ettikett war das Produkt eines intellektuellen Diskurses, das sich gegen alle Widersprüche über mehr als vier Jahrzehnte hartnäckig halten konnte.
Der Vortrag des Historikers Dieter Pfau führt zurück in die Siegener Kulturgeschichte der ersten Nachkriegsjahrzehnte. In den 1950er und 1960er Jahren gehörte die Stadt Siegen zu den kulturellen Hotspots der frühen Bundesrepublik. Eine kleine, in Teilen avantgardistische Kulturszene machte mit den Siegener Schlossspielen, den „Gesprächen über der Treppe“ in der Buchhandlung Nohl und den Decollagen Reinhold Köhlers bundesweit von sich reden. Der kultursoziologisch bedenkenswerte, an die Max-Weber-These angelehnte Essay über „Gottes eigenes Geld“ des Journalisten Heinrich Vormweg stand am Anfang des Diskurses, der in das Vorurteil der „kulturellen Provinz“ mündete und eine beträchtliche Wirkung entfaltete.
Im wandertalk Nr. 4 reflektierte der Historiker Dieter Pfau Siegens Kulturgeschichte seit den 50er Jahren und nahm das Vorurteil der kulturellen Provinz unter die Lupe.
Mehr zu Dieter Pfau: https://www.zeitspuren-siwi.de/dieter_pfau.html
Ein sehr lesenwerten Bericht von Johanna Schirmacher finden Sie hier: https://fusion.uni-siegen.de/?page_id=320
wandertalk #2 mit Martin Schäpers - 11. Oktober 2023
Naturschutzgebiet "Auenwald", Netphen
„Es ist manchmal die Geschwindigkeit mit der man sich bewegt, die uns einen neuen Blick auf Gewohntes oder Bekanntes ermöglicht. Ich sehe Gruppen von Bäumen, die um einen alten Baumstumpf herum ringförmig herauswachsen. Die Stämme überzogen von Moosen und Flechten. Regentropfen werden vom Moos aufgesogen und durch die Nässe entstehen leuchtende Oberflächen. Eichen- und Birkengruppen stehen ungeordnet nebeneinander. Es ist ein Spiel von Dichte und Weite. Ich begann im Spätherbst bei feuchtem Wetter an diesen Orten zu fotografieren. Auf der Suche nach einer neuen Ausdrucksmöglichkeit, einer neuen Sichtweise“. - Martin Schäpers
Im wandertalk Nr.2 stellte der Fotograf und Architekt Martin Schäpers seine fotografischen Untersuchungen vor, die er an der Siegaue bei Netphen, einem sich selbst überlassenen Naturraum, macht. Seine Beobachtungen von Farbspektren und Strukturen von Dickichten, Übergängen und Rändern schärften vor Ort die Wahrnehmung durch selektives Betrachten von Ausschnitten.
Mehr zu Martin Schäpers: https://www.martpers.de
wandertalk #1 mit Max Brück (Künstler) - 28. Juni 2023
Eine Brücke, ein Schornstein, ein Feuer: Titel Bauboom (2020). Max Brück verdichtet in seinen plastisch installativen Arbeiten das Material unserer, durch das industrielle Zeitalter geprägten, Gegenwart zu symbolischen Formen. Dabei nutzt er die graue Energie einer auf wirtschaftlichen Fortschritt gebauten Kultur, die sich als ein gesellschaftlich Sedimentiertes, durch das Bewusstsein von Menschen hindurch Präformiertes (Adorno) in den Alltag eingeschrieben hat. Durch künstlerischen Rückbau schafft er aus Altem Neues und legt dabei die historischen und gesellschaftspolitischen Sinnschichten unserer gegenwärtigen Ding- und Umwelten frei. Seine Arbeiten sind alltagsarchäologische Maschinen, die Vorhandenes in seine Bestandteile zerlegen, um daraus Rohstoffe für den Wiederaufbau zu gewinnen. Was entsteht, hat stets sowohl den Charakter eines Denkmals, als auch eines utopischen Entwurfs.
Im wandertalk Nr.1 stellte Max Brück sein künstlerisches Verfahren vor und gab Einblicke in seine künstlerischen Prozesse, Ideen und Hintergründe.
Mehr zu Max Brück:
Instagram: @maxbrueck
Website: http://maxbrueck.de/
Fotos: Charlotte Figulla